Inhaltsverzeichnis Editorial Gründung Stiftungszweck Workshops Kuratorium Instrumente der Stiftung Preisträger Ausblick 03 04 08 12 14 22 28 34 2

Drei herausragende Persönlichkeiten gehörten dem Gründungskuratorium der Heinrich-Stockmeyer-Stiftung an: Prof. Dr. Lutz Bertling, Prof. Dr. Hans-Jürgen Sinell und Prof. Dr. Dr. Erwin Märtlbauer wurden in der Auftaktsitzung im Jahr 1995 zu den ersten Kuratoriumsmitgliedern bestellt. Mit dieser Auswahl legte der Vorstand den Grundstein für die folgenden Jahrzehnte, in denen stets Repräsentanten verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen im Kura- torium vertreten waren. Auf diese Weise stellte die Stiftung sicher, dass der Stiftungs- zweck immer aus einer interdisziplinären Sichtweise verfolgt werden konnte. Prof. Dr. Lutz Bertling, geboren 1928, war der erste Vorsitzende des Kuratoriums, dem er bis 2008 angehörte. Über mehrere Jahrzehnte leitete er das Chemische Untersuchungsamt der Stadt Wuppertal und war Lehrbeauftragter der Universität Wuppertal für Studierende der Lebensmittelchemie. Für seinen Einsatz bei der Etablierung des Studiengangs Lebensmittelchemie wurde er 1981 mit der Er- nennung zum Honorarprofessor geehrt. Große Anerkennung in der Fachwelt erhielt Prof. Bertling als Experte für lebensmittelrechtliche und -analytische Fragen und durch seine Tätigkeit als Sachverständiger in verschiedenen nationalen und inter- nationalen Gremien. Langjährige Wegbegleiter lobten seine Fähigkeit, komplexe Zusammenhänge bei Verbraucherschutz, Lebensmittelsicherheit und Lebensmittelqualität verständlich auf den Punkt zu bringen. Prof. Bert- ling verstarb am 26. Januar 2019. 4 25 JAHRE Heinrich - Stockmeyer - Stiftung GRÜNDUNG

Im Interview blickt Prof. Dr. Dr. Erwin Märtlbauer zurück auf die Anfänge der Stiftungsarbeit vor 25 Jahren. Die BSE-Krise war die Initialzündung für die Gründung. Welche kon- kreten Ziele verfolgte die Stiftung in dieser Anfangsperiode? Die Medien waren voller Skandalmeldungen. Einerseits war das nachvoll- ziehbar, weil verstörende Bilder der leidenden Tiere um die Welt gingen und die Verunsicherung in der Bevölkerung groß war. Auf der anderen Seite wurde von manchen Medien der Eindruck erweckt, wir müssten alle um unser Leben fürchten. Genau hier lag die Motivation zur Gründung einer Stiftung: ein Gremium zu schaffen, das wissenschaftlich fundiert den Skandalmeldungen etwas entgegenhält. Wie konnten Sie diesem hohen Anspruch gerecht werden? Mit den Workshops haben wir eine Plattform geschaffen, die Akteure unterschiedlicher Disziplinen zusammenbringt – Politik, Wissenschaft, In- dustrie, Verbraucherschutz – und komplexe Sachverhalte in einer verständ- lichen Form transportiert. Dass wir ein gutes Gespür für relevante Themen hatten, zeigt sich unter anderem daran, dass wir uns schon 1995 mit BSE beschäftigten, also fünf Jahre, bevor die Krise in Deutschland ankam. Dass der Fokus im Kuratorium schon immer stark wissenschaftlich aus- gerichtet war, war eine wichtige Entscheidung. Hier kommt Prof. Bertling eine tragende Rolle zu, der die Stiftungsarbeit entscheidend mitgeprägt hat. Insgesamt ist es uns gelungen, die breite Themenvielfalt der Lebens- mittelbranche sehr gut abzudecken. 6 25 JAHRE Heinrich - Stockmeyer - Stiftung GRÜNDUNG

Philosophie Die Produktion von Lebensmitteln unterliegt seit jeher besonders hohen Qualitätsstandards. Diesen Anspruch zu unterstützen und zur Förderung der Lebensmittelsicherheit beizutragen, hat sich auch die Heinrich - Stock- meyer - Stiftung zu eigen gemacht. Als eine auf die Herstellung von Le- bensmitteln spezialisierte Unternehmensgruppe übernimmt heristo in Form der Heinrich - Stockmeyer - Stiftung seit 1995 in hohem Maße gesellschaft- liche Verantwortung, indem sie sich für die Verbesserung der Sicherheit und Qualität von Lebensmitteln einsetzt. Damit leistet sie zugleich einen essenziellen Beitrag zur Verbesserung des Verbraucherschutzes in den Be- reichen Lebensmittel und Ernährung. Leitmotiv für die Stiftungsgründung war es, grundsätzlich und aus aktuel- len Anlässen geführte Diskussionen über die Sicherheit von Lebensmitteln durch die Einbindung der Wissenschaft zu versachlichen. Die zahlreichen Workshops, die in der Vergangenheit ausgerichtet wurden, stehen exem- plarisch dafür. Seither macht die Stiftung wichtige Forschungsergebnisse einer breiten Öffentlichkeit sowie Akteuren auf allen Stufen der Lebens- mittel-Wertschöpfungskette zugänglich – von der Urproduktion über die Verarbeitung und Veredelung bis hin zum Handel. 8 25 JAHRE Heinrich - Stockmeyer - Stiftung STIFTUNGSZWECK

Ziele und Aufgaben Die Heinrich - Stockmeyer - Stiftung verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Ziele. Sie untersteht der öffentlichen Stiftungsaufsicht. Zweck der Stiftung sind die Förderung und Unterstützung jeglicher Art von wissenschaftlicher Lebensmittelforschung im Interesse sicherer Nahrungs- mittel – auch interdisziplinär und in angrenzenden Forschungsgebieten. Ein Schwerpunkt liegt auf der Erforschung und Untersuchung von Ursa- chenzusammenhängen in den Themenbereichen „Rohstoffe und Umwelt“, „Produktion, Transformation und Veredelung“ sowie „Verpackung, Logistik und Distribution“. Darüber hinaus dient die Stiftung der Förderung des Verbraucherschutzes in den Bereichen Lebensmittel und Ernährung. Sie setzt sich in besonde- rem Maße dafür ein, die Forschungsergebnisse einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen und die Erkenntnisse in die Praxis umzusetzen. Fächerübergreifende Kommunikation ist ein wichtiger Bestandteil wissen- schaftlichen Arbeitens. Die hochkarätigen Workshops dienten stets dem Zweck, einen intensiven Austausch zwischen Wissenschaft, Handel, Poli- tik, Überwachung, Verbraucherschützern und Wirtschaft zu ermöglichen. 10 25 JAHRE Heinrich - Stockmeyer - Stiftung STIFTUNGSZWECK

Ein fachübergreifender thematischer Austausch war ein wichtiger Aspekt der Work- shops, die die Heinrich-Stockmeyer-Stiftung bis 2010 jährlich zu bedeutsamen aktuel- len Themen auf den Gebieten Lebensmittelsicherheit, Tierhaltung, Verbraucherverhalten und Lebensmittelrecht veranstaltete. Darüber hinaus fanden von 2001 bis 2004 in Polen vier Symposien zu aktuellen Forschungsschwerpunkten statt. Diese Workshops bildeten über viele Jahre den Kern der Aktivitäten der Stiftung und zeigen die thema- tische Vielfalt, der sich die Stiftung seit jeher widmet. 1995 BSE (Bovine Spongiforme Enzephalopathie) 1996, Versmold Europäisches Lebensmittelrecht – Praxis, Erfahrungen, Perspektiven 1997, Münster Im Wettlauf mit der Wahrheit – Lebensmittelsicherheit als Thema von Wissenschaft, Politik und Journalismus 1998, Bonn Neue Techniken – neue Risiken? – Lebensmittelsicherheit und Verbraucher- verhalten 1999, Bonn Moderne Ernährung – Lifestyle 2000, Bonn Sichere Lebensmittel – gesunde Ernährung 2001, Bonn BSE – eine unendliche Geschichte?! 2001, Posen (Polen) BSE (Bovine Spongiforme Enzephalopathie) 2002, Bonn Spurenanalytik: Sicherheit oder Verunsicherung des Verbrauchers 12 25 JAHRE Heinrich - Stockmeyer - Stiftung WORKSHOPS

Prof. Dr. Dr. habil. Manfred Gareis, Jahr- gang 1953, gehört dem Kuratorium der Heinrich-Stockmeyer-Stiftung seit 1999 an. Er war bis März 2019 Inhaber des Lehr- stuhls für Lebensmittelsicherheit der Tierärzt- lichen Fakultät an der Ludwig-Maximilians- Universität München. Zuvor arbeitete er über viele Jahre als Institutsleiter am Institut für Mikrobiologie und Toxikologie am Max- Rubner-Institut in Kulmbach, der früheren Bundesanstalt für Fleischforschung. Sie gehören dem Kuratorium fast seit der Gründung der Stiftung an. Welche Themen und Entwicklungen prägten in dieser Zeit den Wissen- schaftsbetrieb? Zum Zeitpunkt der Stiftungsgründung prägte der BSE-Skandal das öffentli- che Leben: die Angst vor einer Übertragung der BSE-Prionen über Fleisch auf den Menschen, die gleichzeitige Entrüstung über die vorsorglichen Keulungsaktionen von hunderttausenden Rindern sowie die Ratlosigkeit von Politik, Wirtschaft und Organisationen, begleitet von fehlenden wis- senschaftlichen Daten und einer dramatischen medialen Berichterstattung. Zu lange wurden Warnungen aus der Wissenschaft von politischen Ent- scheidungsträgern negiert und vorausschauende Forschung blockiert. Dieser große Gesundheitsskandal war letztendlich Auslöser für die Stif- tungsziele, nämlich das Verbrauchervertrauen durch seriöse und solide wissenschaftliche Erkenntnisse zu stärken und damit unbegründeten Ängs- ten gegenüber der Lebensmittelsicherheit entgegenzuwirken und Ruhe in 14 25 JAHRE Heinrich - Stockmeyer - Stiftung KURATORIUM

Welche Herausforderungen sehen Sie für das Thema Lebensmittel- sicherheit in Zukunft? Deutschland und Europa haben durch vielfältige Anstrengungen in der Vergangenheit ein sehr hohes Niveau an Lebensmittelsicherheit erreicht. Trotzdem wird es wichtig sein, sich auf dem Erreichten nicht auszuruhen und stattdessen wachsam gegenüber sich neu entwickelnden Herausfor- derungen zu bleiben. Ein Beispiel dafür sind neuartige Kontaminanten oder die globalen Handelsströme. Hier muss man lernen, Probleme früh- zeitig zu erkennen und proaktiv vorzugehen. „Ich bin davon überzeugt, dass das Thema Lebensmittelsicherheit nur interdisziplinär und unter Welchen Beitrag kann die Stiftung zur Lebensmittelsicherheit leisten? Ich bin davon überzeugt, dass das Thema Lebensmittelsicherheit nur inter- disziplinär und unter Einbindung aller Beteiligten bearbeitet werden kann. Der Stiftung ist es im Rahmen ihrer Symposien gelungen, Vertreter aus unterschiedlichen Berei- chen zusammenzubrin- gen: Produzenten, Ver- braucherschutz, Handel und Überwachung ver- folgen letztendlich ja das gleiche Ziel. Auch im Kuratorium decken wir die thematische Vielfalt sehr gut ab: Wir sind hier mit den Bereichen Le- bensmittelchemie, Tiermedizin und Lebensmitteltechnologie vertreten. Und Einbindung aller Akteure bearbeitet werden kann.“ 16 25 JAHRE Heinrich - Stockmeyer - Stiftung KURATORIUM

Prof. Dr. Ulrich Nöhle, Jahrgang 1953, berät seit vielen Jahren Unternehmen der Lebensmittelbranche in Fragen des Krisen- managements. Er ist staatlich geprüfter Le- bensmittelchemiker und Honorarprofessor für industrielles Qualitätsmanagement an der TU Braunschweig. Als öffentlich bestell- ter und vereidigter Sachverständiger hat er sich auf die Bereiche Lebensmittelsicherheit, -hygiene und -chemie spezialisiert. Dem Ku- ratorium der Heinrich-Stockmeyer-Stiftung gehört er seit 2017 an. Wie funktioniert die Zusammenarbeit im Kuratorium und welche Stär- ken bringen Sie persönlich ein? Anders als zwei meiner Kuratoriumskollegen komme ich nicht aus dem Be- reich der wissenschaftlichen Forschung und Lehre, sondern sehe mich als Praktiker. In den Unternehmen, die ich berate, beleuchte ich Produktions- prozesse und identifiziere Probleme im Tagesgeschäft, die sich letztlich auch auf die Sicherheit der Produkte auswirken können. Das ist für mich auch ein ganz wichtiger Aspekt, den ich zum Beispiel bei der Auswahl der Preisträger und Stipendiaten einfließen lasse: Welchen Nutzen hat die Forschungsarbeit für die Praxis? Auf diese Weise können wir im Kura- torium sowohl einen theoretischen als auch einen praktischen Blickwinkel auf das Thema Lebensmittelsicherheit werfen und ergänzen uns sehr gut. Wagen Sie einen Blick in die Zukunft: Welche Themen werden uns in den nächsten 25 Jahren beschäftigen? Nach aktuellen Schätzungen wird die Bevölkerung auf der Erde bis zum Jahr 2050 um zusätzliche 2,5 Milliarden Menschen anwachsen. Es ist 18 25 JAHRE Heinrich - Stockmeyer - Stiftung KURATORIUM

Dr. Karl Horst Gehlen, Jahrgang 1956, war bis März 2020 Geschäftsführer der West- fälischen Fleischwarenfabrik Stockmeyer. In beratender Funktion gehört er der heristo- Gruppe seitdem weiterhin an, seit 2020 ist er Mitglied des Stiftungskuratoriums. Der gelernte Fleischermeister und studierte Le- bensmitteltechnologe promovierte am Institut für Lebensmitteltechnologie der Universität Hohenheim, Fachgebiet Fleischtechnolo- gie. In der Fleischwarenbranche ist er unter anderem als Vorsitzender des Produktions- ausschusses des Verbandes der deutschen Fleischwarenindustrie, in verschiedenen Funktionen für die DLG und dem FEI tätig. Wie haben Sie als Außenstehender in den vergangenen Jahren die Aktivitäten der Stiftung erlebt? Durch meine Tätigkeit bei der Firma Stockmeyer hatte ich die Möglichkeit, alle Stiftungs-Workshops selbst zu besuchen. Die Stiftung ist eine in der Branche höchst angesehene Institution und genießt einen exzellenten Ruf. Mit ihren Veranstaltungen ist es immer wieder gelungen, bestimmende Themen der Branche aufzubereiten und herausragende Persönlichkeiten zusammenzubringen. Seit kurzem gehören Sie dem Kuratorium an. Wie sehen Sie Ihre Rolle? Ich habe mich seit dem Beginn meiner beruflichen Karriere mit der anwen- dungsorientierten Forschung beschäftigt. Auch wenn dafür später häufig die Zeit fehlte, steckte die Begeisterung für die Forschung rund um das Thema Lebensmittelsicherheit immer in mir. Dabei hat der Bereich der traditionell durch Fermentation hergestellten Lebensmittel schon immer eine wichtige Rolle gespielt, und er stellt sicher auch besondere Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit. Ich möchte in der Stiftung Themen voranbrin- gen, die Relevanz für die Praxis haben. 20 25 JAHRE Heinrich - Stockmeyer - Stiftung KURATORIUM

Neben der Durchführung von Workshops zu den Themen Lebensmittel- sicherheit und -qualität stellt die Förderung wissenschaftlicher Forschung im Bereich Lebensmittel und Ernährung ein elementares Instrument der Stiftungsarbeit dar. Hierfür steht ihr ein breites Spektrum zur Verfügung – von der Unterstützung aufstrebender Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler in Form von Stipendien über die jährlich vergebenen Wissenschaftspreise bis hin zur Ehrung von Lebenswerken. Die von der Stiftung unterstützten Forscherinnen und Forscher tragen durch ihre Arbeit unmittelbar dazu bei, die Lebensmittelsicherheit und -qualität sowie den Verbraucherschutz zu verbessern. Die „Hans-Jürgen-Sinell-Medaille“ Die „Hans-Jürgen-Sinell-Medaille“, benannt nach Hans-Jürgen Sinell, Pro- fessor für Tiermedizin und Lebensmittelhygiene sowie Mitglied des Grün- dungskuratoriums, ist die höchste Auszeichnung der Heinrich - Stockmeyer- Stiftung. Sie wurde 2004 ins Leben gerufen und seither an besondere Persönlichkeiten verliehen. Mit ihr ehrt die Stiftung das Lebenswerk von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die sich durch ihre Arbeit in herausragender Weise für Verbraucherschutz, Lebensmittelsicherheit und Lebensmittelqualität verdient gemacht haben. 22 25 JAHRE Heinrich - Stockmeyer - Stiftung INSTRUMENTE DER STIFTUNG

Der Stockmeyer Wissenschaftspreis Mit dem Wissenschaftspreis würdigt die Heinrich - Stockmeyer - Stiftung seit 1996 alljährlich herausragende Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Lebensmittelwissenschaften. Die Arbeiten zeichnen sich durch ihr ho- hes wissenschaftliches Niveau und praktikable Lösungsansätze aus. Sie tragen – ganz im Sinne des Stiftungszwecks – zur Verbesserung der Le- bensmittelsicherheit und des Verbraucherschutzes bei und stärken damit das Verbrauchervertrauen in die Qualität, Hygiene und Sicherheit von Lebensmitteln. Der Preis kann für wissenschaftliche Leistungen wie Doktor- arbeiten, Habilitationsschriften sowie Publikationen in wissenschaftlichen Fachzeitschriften verliehen werden, die innerhalb der letzten drei Jahre er- stellt und veröffentlicht wurden. Über die Zuerkennung des Wissenschafts- preises entscheidet das Kuratorium. Im Rahmen dieser Broschüre stellt die Heinrich - Stockmeyer - Stiftung die Arbeiten von drei Preisträgern aus den vergangenen Jahren exemplarisch vor – sie vermitteln einen Eindruck vom breiten Spektrum der wissenschaft- lichen Arbeit, die die Stiftung unterstützt. Seit 1996 werden jährlich bis zu vier Wissenschaftlerinnern und Wissenschaftler für ihre herausragende Forschungs- arbeiten und Publikationen mit dem Wissenschaftspreis der Heinrich - Stockmeyer - Stif- tung ausgezeichnet. Bislang wurden 55 Preise vergeben. 14% 37% 7% 3% 39% Lebensmittelmikrobiologie und -hygiene Lebensmittelchemie und -analytik Lebensmitteltechnologie Tier- und Artenschutz Sonstige Themen 24 25 JAHRE Heinrich - Stockmeyer - Stiftung INSTRUMENTE DER STIFTUNG

Förderung der Coronavirus-Forschung Kaum ein Thema beschäftigt aktuell die öffentliche und wissenschaftliche Diskussion so sehr wie das Coronavirus. Nahezu komplett unbeachtet vom medialen Interesse ist dabei ein Aspekt, der mit der Lebensmittel- sicherheit in enger Verbindung steht: die Stabilität des Virus auf Oberflä- chen. Dabei gibt es derzeit noch keine ausreichenden wissenschaftlichen Erkenntnisse, ob sich Menschen durch den Kontakt mit kontaminierten Lebensmitteln oder über den Verzehr mit Sars-CoV-2 anstecken können. Die Heinrich - Stockmeyer - Stiftung nimmt dieses wichtige Thema zum An- lass und richtet sich mit ihren Fördermaßnahmen erstmals an ein konkretes institutionelles Forschungsprojekt. Gemeinsam widmen sich das Institut für Lebensmittelhygiene und das Insti- tut für Virologie der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Leipzig dem Kooperationsprojekt „Stabilität von Betacoronaviren auf Fleischober- flächen und in Fleischwaren“. Den Förderbescheid der Heinrich - Stock- meyer - Stiftung über 25.000 Euro übergab der Kuratoriumsvorsitzende Prof. Dr. Dr. Manfred Gareis im September in Leipzig. Coronaviren werden über Tröpfcheninfektionen übertragen. Bei ungenü- gender Hygiene kann eine Übertragung jedoch auch über Schmierinfekti- onen erfolgen. Dieser Aspekt rückt in den wissenschaftlichen Fokus, da es in Schlachthöfen und Fleischzerlegebetrieben zu vermehrten Ausbrüchen der Covid-19-Infektion gekommen ist. Ob die Übertragung durch eine Nichteinhaltung von Mindestabständen, durch die erhöhte Produktion von Aerosolen oder durch eine hohe Stabilität des Virus auf Oberflächen zu- rückzuführen ist, muss sicherlich von Fall zu Fall überprüft werden. Das Leipziger Projekt soll dazu wichtige, wissenschaftlich fundierte Erkennt- nisse liefern. „Ein großer Vorteil der Heinrich - Stockmeyer - Stiftung ist es, dass wir den Fokus unserer Aktivitäten sehr schnell und aktiv auf relevante Fragestel- lungen der Lebensmittelsicherheit und des Verbraucherschutzes richten können“, sagt Prof. Gareis. „Die wissenschaftliche Forschung zum Co- ronavirus zu fördern, ist für die Stiftung aufgrund der besonderen Bedro- hungslage daher selbstverständlich.“ 26 25 JAHRE Heinrich - Stockmeyer - Stiftung INSTRUMENTE DER STIFTUNG

Insgesamt 55 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hat die Heinrich-Stock- meyer-Stiftung seit 1995 mit dem Wissen- schaftspreis ausgezeichnet. Drei von ihnen blicken im Interview zurück und beschrei- ben, wie der Preis ihre weitere Forschung beeinflusst hat. Für welche Arbeit haben Sie den Stockmeyer Wissenschaftspreis erhalten? Was hat Sie zu Ihrer Forschung motiviert? Nach Infektionen mit Campylobacter - Bakterien stellen Salmonelleninfekti- onen nach wie vor eine der wichtigsten lebensmittelbedingten Infektionen beim Menschen dar. Jedoch gestaltet sich das Bild dahingehend diffe- renziert, dass inzwischen der Anteil der durch kontaminiertes Schweine- fleisch verursachten Erkrankungsfälle höher ist als der durch kontaminiertes Geflügelfleisch. Früher dominierte hier bei weitem das geflügelassoziierte Infektionsgeschehen. Im Geflügelbereich wurden jedoch seit Mitte der 90er Jahre sehr stringente Bekämpfungsmaßnahmen ergriffen, die über die Jahre die Gesamtfallzahl auf nur noch ca. 10% der ursprünglichen Fallzahlen sinken ließen. Dies war für uns Ansporn, auch für‘s Schwein, differenzierte, teils aufeinander aufbauende Bekämpfungsmaßnahmen gegen Salmonelleninfektionen zu entwickeln. Wie hat die Auszeichnung mit dem Stockmeyer Wissenschaftspreis 2007 Ihre Karriere und Ihre weitere Forschung beeinflusst? Zunächst einmal war die Auszeichnung mit dem Stockmeyer Wissen- schaftspreis 2007 eine große persönliche Ehre für mich. Sie motivierte 28 25 JAHRE Heinrich - Stockmeyer - Stiftung PREISTRÄGER

Für welche Arbeit haben Sie den Stockmeyer Wissenschaftspreis erhalten? Was hat Sie zu Ihrer Forschung motiviert? Bereits wenige Tage nach dem Reaktorunfall von Fukushima im März 2011 und der damit verbundenen Freisetzung radioaktiver Strahlung ord- nete die japanische Regierung die Überwachung von Lebensmitteln an. Das System entwickelte sich zu einem der größten und dichtesten Netz- werke für Lebensmittelüberwachung, das jemals aufgezogen wurde. Den zehntausenden Radioaktivitäts-Messwerten der Behörden fehlte jedoch eine abschließende Bewertung. Gemeinsam mit meinem japanischen Kollegen Dr. Katsumi Shozugawa und meinem damaligen Doktoranden Dr. Stefan Merz habe ich die Datenbanken durchforstet, um ein Gesamt- bild der Lebensmittelsicherheit zu zeichnen. Für die grundlegendste die- ser Arbeiten wurden wir 2016 mit dem Stockmeyer Wissenschaftspreis ausgezeichnet. Die Bewertung und Risikoanalyse sind jedoch noch nicht abgeschlossen, weitere Publikationen sollen folgen. Was sind die zentralen Erkenntnisse Ihrer Forschungsarbeit? Wie wurde sie von der Fachöffentlichkeit aufgenommen und rezipiert? Im Rahmen unserer Analysen zeigt sich, dass die Lebensmittelsicherheit in Japan zwar prinzipiell sehr hoch ist, mit dem Fokus auf leicht zu messende Radionuklide aber auch Unsicherheiten in Kauf genommen werden, die leicht zu vermeiden wären. Unsere Publikation wurde bislang fast 90 Mal zitiert und wird – auch dank des Wissenschaftspreises – vielfach als erste Referenz zur Lebens- mittelsicherheit nach dem Unfall von Fukushima herangezogen. Die Arbeit wurde später sogar Gegenstand eines Rechtsstreits, weil Südkorea – ba- sierend auf unseren Erkenntnissen – die Sicherheit von japanischen Le- bensmittelexporten anzweifelte. Wie hat die Auszeichnung mit dem Stockmeyer Wissenschaftspreis 2016 Ihre Karriere und Ihre weitere Forschung beeinflusst? Die Auszeichnung mit dem Stockmeyer Wissenschaftspreis rückte nicht nur unsere Publikation und unsere wissenschaftliche Arbeit ins Rampenlicht der 30 25 JAHRE Heinrich - Stockmeyer - Stiftung PREISTRÄGER

Für welche Arbeit haben Sie den Stockmeyer Wissenschaftspreis erhalten? Was hat Sie zu Ihrer Forschung motiviert? Den Stockmeyer Wissenschaftspreis 2019 habe ich für meine Habilitati- onsschrift mit dem Titel „Überempfindlichkeiten gegenüber Getreideprotei- nen – Analytische, biochemische und immunologische Aspekte“ erhalten, die ich am Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie an der Techni- schen Universität München erstellt habe. Die Hauptmotivation meiner Forschung besteht darin, Ursachen für Überempfindlichkeiten gegenüber Getreideproteinen zu erforschen. Hierbei handelt es sich um die Weizen- allergie, die Nicht-Zöliakie-Glutensensitivität (NCGS) und die Zöliakie, von denen je etwa 0,5-2 %, 3-10 % und 1 % der Bevölkerung in Deutsch- land betroffen sind. Je mehr grundlegende Erkenntnisse wir über diese Überempfindlichkeiten erlangen, desto gezielter können wir die Sicherheit von Lebensmitteln für Betroffene gewährleisten, Strategien zur Prävention und neue Therapieansätze entwickeln und Lebensmittel mit verbesserter Verträglichkeit herstellen. Was sind die zentralen Erkenntnisse Ihrer Forschungsarbeit? Wie wurde sie von der Fachöffentlichkeit aufgenommen? Ein wichtiger Aspekt meiner Forschungsarbeit war die Verbesserung ana- lytischer Methoden zur Detektion der immunreaktiven Getreideproteine, insbesondere des Glutens. In Zusammenarbeit mit der r-biopharm AG wurde unter anderem ein neues ELISA Testkit (Ridascreen Total Gluten) ent- wickelt und validiert, das erstmals unter Verwendung von vier Antikörpern die Detektion aller Zöliakie-aktiven Glutenfraktionen aus Weizen, Roggen und Gerste erlaubt. Diese Praxisrelevanz war für Auszeichnung mit dem Stockmeyer Wissenschaftspreis besonders wichtig. Viele der in der kumu- lativen Habilitationsschrift enthaltenen Originalveröffentlichungen wurden mittlerweile vielfach zitiert, insbesondere die Arbeit zu verbesserten Refe- renzmaterialien für Gluten, zum immunaktiven 33-mer Glutenpeptid und zum Vergleich verschiedener ELISA Testkits. 32 25 JAHRE Heinrich - Stockmeyer - Stiftung PREISTRÄGER

„Nirgendwo sind die Lebensmittel so sicher wie bei uns in Deutschland“. Diesen Satz hört man ungefähr so oft wie die Klagen von Politik und Ver- braucherschützern, dass nicht genug für die Sicherheit von Lebensmitteln getan werde. Wo auch immer jeder Einzelne die Wahrheit sieht: Letztlich zeigen beide Aussagen, dass das Thema Lebensmittelsicherheit nichts an seiner Aktualität verloren hat. Durch die Corona-Virus-Pandemie hat die Arbeit der Heinrich - Stockmeyer - Stif- tung noch einmal an Bedeutung gewonnen. Wieder – genau wie bei der BSE-Krise vor 25 Jahren – erleben wir eine Phase großer Verunsicherung, die auch vor der Lebensmittelsicherheit nicht Halt macht. Die Frage nach der Widerstandsfähigkeit des Erregers auf Nahrungsmitteln oder anderen Oberflächen sowie der Übertragbarkeit über Lebensmittel sei hier nur ex- emplarisch genannt. Hier kommt es einmal mehr darauf an, populistische Schlagzeilen und „Fake News“ von seriösen Informationen zu unterscheiden. Diese Aufgabe wird gerade in Zeiten kurzlebiger, digitaler Nachrichten noch wichtiger, und wir als Stiftung wollen unseren Beitrag dazu leisten. Der Stiftung wünsche ich für die Zukunft, dass sie die Wissenschaft auch wei- terhin auf so beispielhafte Weise fördert, denn der Schlüssel für die richtigen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen, Maßnahmen in Zeiten von Skandalen und Krisen sind wissenschaftlich gesicherte Informationen – nicht Meinungen. Dafür möchte ich ganz besonders dem Vorstand für sein finanzielles Engagement danken – genau wie dem gesamten Stiftungsteam, das sich seit Jahren in ausgezeichneter Weise ehrenamtlich engagiert. Herzlichst Prof. Dr. Dr. Manfred Gareis Vorsitzender des Kuratoriums 34 25 JAHRE Heinrich - Stockmeyer - Stiftung AUSBLICK